Wissenschaftsjounalismus Marke ORF.at bzw. APA

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https://science.orf.at/stories/3208259

Unter SCIENCE.orf.at veröffentlicht der ORF regelmäßig Artikel, von denen die Redakteure offenbar annehmen, sie hätten etwas mit Wissenschaft zu tun. Immer wieder zeigen aber Veröffentlichungen, dass das Wissenschaftsverständnis dieser Personen zumindest höchst fragwürdig ist. Insbesondere in der Corona-krise wird das immer wieder deutlich. Unter Science werden regelmäßig Inhalte gepostet, die unbelegte Meinungen von scheinbaren Experten ohne Fundierung, Quellen oder Belegen veröffentlicht. Dies insbesondere und ausschließlich, um eine Ideologie zu fördern. Aktuell lautet die offensichtliche Absicht, junge Menschen zur Impfung zu bewegen. Dabei wird vor keiner Sauerei halt gemacht. Die Politik macht es vor (Benachteiligung Genesener in der Nachtgastronomie, Diskussion über 1G-Regelungen usw.) und der ORF folgt.
Im gegenständlichen Artikel unter der reißerischen Schlagzeile „Schweres Post-Covid auch bei Jüngeren – Geimpfte kaum betroffen“ vermutet jetzt die Leserschaft eine Zusammenfassung einer Studie oder Belege in Form von Zahlen. Doch da wird man enttäuscht. Man findet die Aussagen eines Arztes, nämlich Dr. Markus Rauter, Leiter der Lungenambulanz des Klinikums Klagenfurt, der seine persönlichen Einschätzungen zum Besten gibt.
Warum hat dies nun rein gar nichts mit Wissenschaft zu tun? Betrachten wir gleich die erste Aussage von Herrn Dr. Rauter: „"Wir haben extrem wenige Geimpfte mit Erkrankungen“. Nun was kann sich der Leser oder die Leserin denn unter „extrem wenige“ vorstellen? Von welcher Gesamtheit wird ausgegangen? Wie stark unterscheidet sich die Hospitalisierung denn zwischen Geimpften und Ungeimpften? Bitte verstehen Sie mich nicht falsch. Ich teile die Meinung, dass hinsichtlich der Wirkung der Impfung wissenschaftlicher Konsens herrscht, gehe also davon aus, dass das Risiko von Geimpften wegen eines schweren Cov19-Verlau hospitalisiert zu werden deutlich geringer ist. Anhand der manipulierten Datenlage wird ja leider nicht unterschieden, ob Cov19 wirklich der Grund für die Hospitalisierung ist. Es lässt sich also kaum sagen, wie hoch die jeweiligen Wahrscheinlichkeiten tatsächlich sind, aber jedenfalls sind sie für Geimpfte deutlich geringer. Aber eine Aussage, wie jene von Herrn Dr. Rauter, ist eine subjektive und nichtssagende Aussage und hat in einem Artikel, der den Anschein von Wissenschaftlichkeit erweckt, nichts verloren.


Der einzige Bezug zur Überschrift findet sich in der Unterüberschrift, in der es heißt: Post-Covid-Verläufe betreffen auch jüngere Patienten und Patientinnen, wie Erfahrungen am Klinikum Klagenfurt zeigen. Die Mehrheit ist zwar zwischen 30 und 60 Jahre alt, es gibt aber auch viele schwere Verläufe bei jüngeren Patienten ohne Vorerkrankungen. Was jedoch kaum vorkommt, sind geimpfte Patienten mit Post-Covid.“ Erst am Schluss des Artikels räumt der zitierte Mediziner wie folgt ein: “Generell sind die Definitionen von Post- und Long-Covid in der Literatur jedoch heterogen. Auch die Diagnosen sind schwierig. ‚Wir haben die Beschreibungen der Patienten und teilweise sind es dann auch Mutmaßungen der Ärzte, das muss man ehrlich sagen.‘“. Es wird außer dieser Aussage nirgends konkretisiert, wie die Altersverteilung in Bezug auf die Bevölkerungsverteilung wirklich aussieht. Wie viele „schwere Fälle bei jüngeren Patienten“ (was ist „jünger“? Was sind „viele“?) es tatsächlich gibt bleibt im Dunkeln.


Diese Art des Journalismus zieht sich durch den ganzen Artikel. Die einzigen Zahlen, die im ganzen Artikel vorkommen, nämlich, wie viele vermeintliche Post- und Long-Covidfälle es gibt, bzw. wie hoch das Risiko für eine sehr schlecht beschriebene Krankheit ist, sind unbelegte persönliche Schätzungen (Zitat: „Einer Schätzung zufolge…“, „4.000 Personen und 10%“). Dazu kommen Deutungen der Redakteure, wie im Fall der folgenden Formulierung: „Daher hat er [Rauter] auch eine klare Meinung bezüglich einer Impflicht: ‚Aus ärztlicher Sicht bin ich definitiv dafür, dass man sich impfen lässt.‘.“ Herr Dr. Rauter rät also zur Impfung. Er tut das in seiner Rolle als Arzt. Dazu kann man nun stehen wie man will, aber zumindest diese Aussage sagt überhaupt nichts über seine Haltung gegenüber einer Impfpflicht aus. Man weiß auch nicht, wie viele Personen nun wirklich in den Bereich für Post-Covid-Patienten in Klagenfurt kommen, man weiß nur dass es „nicht alle“ sind. Wir wissen allerdings, wen Herr Rauter seltener sieht (Zitat): „Long-Covid-Patienten und -Patientinnen sieht der Lungenfacharzt dagegen selten. ‚Die haben eher vegetative Beschwerden, zum Beispiel Fatigue (Müdigkeit, Anm.) oder Kopfschmerzen. Dies kann auch bei Patienten auftreten, die zuvor einen eher milden Krankheitsverlauf hatten.‘,“ also leiden die wenigen (wie viele?) Long-Covid-Fälle, die Herr Dr. Rauter sieht, mehrheitlich (wie oft?) an Müdigkeit und Kopfweh (wie oft im Verhältnis zu „Gesunden“?). Diese (seltenen) Beschwerden können jetzt auch bei leichteren Verläufen auftreten (Wie oft? Wie oft im Vergleich zu schweren Verläufen? usw.)


Zusammengefasst ist dieser Artikel ein übles Machwerk, dass mit Wissenschaftsjournalismus rein gar nichts zu tun hat und sich in eine lange Reihe von Propagandaartikel des Mediums einreiht. Erst vor Kurzem hat ja die Wahl des neuen ORF-Generals durch die „Freundeskreise“ wieder deutlich gezeigt, wie unabhängig der öffentlich-rechtliche Rundfunk ist. Wie das mit der Notwendigkeit einer entsprechenden Berichterstattung in einer entwickelten Demokratie vereinbar ist, bleibt wohl dahingestellt.

 

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