Was haben Wissenschaft, BDSM, Feminismus und Linux miteinander gemeinsam?
Es scheint, als würde es sich bei einem Betriebssystem, einer Art, Sexualität auszuleben, der Vertretung von Frauenrechten und einem System zu Steigerung von Wissen um völlig unterschiedliche Dinge handeln. Tatsächlich lassen sich aber zahlreiche Gemeinsamkeiten finden. So heften sich alle diese Bereiche ein gewisses Maß an Nützlichkeit auf die Fahnen, insbesondere in der Abgrenzung von Gebieten, gegen die sich diese Konzepte richten.
Betrachten wir das Gebiet der Wissenschaft: Gerade in letzter Zeit wird von vielen Seiten ein Wissenschaftskritizismus beklagt. „Follow the science“ wird den vermeintlich Ignoranten, die „wissenschaftliche Erkenntnisse“ angeblich nicht akzeptieren wollen, entgegengerufen. Einen großen Anteil daran haben der Umgang mit „Wissenschaft“ und der „Auftritt“ von „Wissenschaftlern“ in der Corona-Pandemie. Während in der Forschung mit der rasanten Entwicklung von Impfstoffen einiges erreicht wurde, zeichneten sich viele medial ernannter Experten durch eine erhöhte mediale Präsenz mit gleichzeitiger inhaltlicher Leere aus. Meinungen wurde als fundierte Fakten verkauft. Studien wurden publiziert und kurz darauf widerlegt. Was ein natürlicher, wissenschaftlicher Prozess ist, hat, durch die rasante Verbreitung von Studien durch die Medien und auch durch Organisationen wie der WHO und der Idee, dass eine Studie so etwas wie Wahrheit dokumentiert, jene stark verunsichert, die mit dem praktischen Wissenschaftsbetrieb wenig vertraut sind. Der Unterschied zwischen idealer und realer Wissenschaft ist den Beteiligten bekannt, aber selten jenen, die Wissenschaft nur durch Massenmedien vermittelt bekommen. Diese sind selten in der Lage, Meinungen von vermeintlichen Experten von gut gemachter wissenschaftlicher Arbeit zu unterscheiden. Das betraf ganz besonders die Medizin, die eben keine exakte Wissenschaft ist und zahlreiche Ärzte, die eher Handwerker, also Praktiker, als Wissenschaftler sind. Es war teils ernüchternd, welche Wissenslücken sich bei diesen Personen aufgetan haben.
Menschen, die sich für wissenschaftliche Themen interessieren, und nicht im professionellen akademischen Betrieb eingebunden sind, werden von der sogenannten „scientific community“ eher als Störquellen betrachtet. Man hat kaum Interesse, die Ergebnisse wissenschaftlicher Forschung für diese Gruppe aufzubereiten. Tut man es und veröffentlicht „populärwissenschaftliche“ Bücher, haben diese oft ein sehr oberflächiges Niveau und befriedigen die Bedürfnisse der wirklich Interessierten kaum. Verlage lehnen solche Manuskripte mit dem Hinweis auf vermeintliches mangelndes Interesse ab. So kommt es auch, dass solche Bücher selten übersetzt werden.
Investiert man mehr Zeit und eignet sich einige Expertise an, kann man sich mit den Primärquellen auseinandersetzten, was aber sehr oft auch sehr ernüchternd ist. Man erhält den Eindruck, dass es tatsächlich nicht darum geht, Ergebnisse von Experimenten möglichst nachvollziehbar darzustellen, sondern um die Selbstdarstellung der Autoren, oder der Verpflichtung, einfach quantitativ viele Papiere zu veröffentlichen. Dazu tragen zahlreiche Usancen der Wissenschaftsgemeinschaft bei. Man betreibt also art pour l'art, bzw. Wissenschaft um ihrer Selbst willen und um des eigenen Überlebens im Wissenschaftsbetrieb willen. Man hat schlicht kein Interesse, Wissenschaft verständlich zu machen, nicht für jedermann und auch nicht für interessierte Laien. Man weint aber ziemlich laut über die Konsequenzen dieser Einstellung.
Hier haben wir nun die angekündigte Übereinstimmung all dieser Bereiche. Man suhlt sich im Lichte der eigenen elitären Überheblichkeit und bejammert gleichzeitig den mangelnden Tribut, den die Verachteten eben nicht bereit sind zu leisten. Linux wird als das bessere und sicherere Betriebssystem als Windows seit Jahrzehnten angepriesen, seine Kreuzritter verachten aber „normale“ Anwender. Sie mögen doch schnell mal ein Script oder Programm schrieben, wenn ihnen etwas abgeht. Wenn sie das nicht können, sind sie nicht würdig.
In Bereichen von sexuellen Subkulturen (nicht wertend gemeint) ist es ähnlich. Niederschwellige Angebote sind sehr selten und auch hier trifft man auf eine moralische Überlegenheit. Sowohl Sexpositivity als auch BDSM kommen mit einem Regelwerk des Fundamentalismus daher. Es geht nicht um Spaß, sondern um Ideologie und wer da nur mal reinschnuppern will, eben weil es Spaß macht, ist ein „Ungläubiger“. So feiert sich die Szene selbst und fordert von allen anderen Akzeptanz, die sie selbst nicht aufbringt.
Wie passt nun der Feminismus hier hinein? Nun, Sie kennen sicher den Ruf nach „Gleichberechtigung“ und es gab Zeiten und es gibt Orte, da war und ist diese Forderung mehr als berechtigt. Das trifft nicht auf das Österreich der Gegenwart zu. Es gibt meines Wissens keinen einzigen Punkt mehr, in der die österreichischen Rechtsordnung Frauen benachteiligt. Andererseits gibt es einige, die Männer benachteiligen. Missverstehen Sie mich nicht. Mir ist bewusst, dass es zahlreiche Punkte gibt, in denen wir noch Arbeit vor uns haben. Wir haben noch einen realen Gender Pay-Gap, auch wenn er bereinigt nicht so hoch ist, wie es Feministen in den Medien üblicherweise angeben. In vielen Fällen werden Frauen generalisiert als Opfer patriarchaler Strukturen und generell von alten weißen Männern stigmatisiert. Das ist schlicht falsch und wertet vor allem alle jene ab, die man vorgibt zu vertreten, obwohl meist keine entsprechende Legitimierung erfolgt ist. Eine kluge und differenzierte Betrachtung des Themas ist von Seiten der Geschlechterkämpfenden aber gar nicht gewünscht. Der Fakt, dass zahlreiche Maßnahmen, die angeblich Frauen sichtbarer machen sollen, dem eigentlichen Ziel entgegenlaufen, wie es beispielsweise auch die selbstherrlichen Aktionen der - zu Recht - geschmähten „Klimakleber“ tun, ist den Handelnden egal, denn es geht nicht um die Sache, sondern um die Selbstdarstellung als „moralisch überlegen“. Wäre das Problem gelöst, würden all die angesprochenen Personen ihren vermeintlichen mystischen Dunstkreis der Überlegenheit verlieren. Das würden diese Egos wahrscheinlich nicht aushalten. So triumphiert die Ideologie über die Sache.
So kommt es das die Umsetzung wichtiger Ideen unter dem Vorwand Sie zu befördern verhindert werden und jene die das tun sich sogar noch überlegen fühlen. Schade!