Der Wert von Prognosen und eine eigene

Jetzt haben wir es wirklich bald geschafft!

Vielleicht haben Sie es ja auch satt, täglich neue apokalyptische Prognosen zu hören. Jede Woche tritt der Gesundheitsminister vor die Kameras und erklärt, dass die nächsten zwei Wochen alles entscheiden. Momentan wartet alles auf Ostern, ob dann wirklich Schanigärten mit FFP2-Maske und 15-Meter Abstand betrieben werden können. Doch in diesem Artikel geht es diesmal um eine andere Prognose. Auch wenn, wie schon Karl Valentin oder Mark Twain sagten, Prognosen schwierig sind, besonders wenn sie die Zukunft betreffen, möchte ich eine wagen. Das sehen wir vor allem, wenn wir recherchieren, welche Prognosen die Experten des Corona-Komitees gemacht haben.

In der Prognose vom 5.3.2021 erwarten die Experten: bis 17. März 2021 könnte die 7-Tage-Inzidenz auf 228 steigen, 1.551 Patienten mit CoV-19 wären auf Normalstationen und 420 auf der Intensivstation untergebracht. Tatsächlich haben wir am Prognosetag eine 7-Tage-Inzidenz, die auf 217 liegt, 1.449 Patienten mit CoV-19 liegen auf Normalstationen und 396 auf der Intensivstation

 

Stand 5.3.

Experten-

schätzung

tatsächlich

Steigerung

Prognose

Steigerung

real

Abweichung %

7-Tages-Inzidenz

180,6

228

217

26%

20%

23%

Spital Normalbetten

1114

1551

1449

39%

30%

23%

Spital Intensivbetten

325

420

396

29%

22%

25%

Tabelle 1: Vergleich Expertenschätzung mit tatsächlichem Stand 17.3.

Quelle: Zahlen vom 5.3. und 17.3. ORF.at Dashboard https://orf.at/corona/daten/oesterreich , Zahlen Prognose https://orf.at/stories/3204087/

Lassen Sie mich ehrlich sein. Die Darstellung der Zahlen in der oberen Tabelle, insbesondere die letzte Spalte, ist im „ORF.at-Style“, also hoch manipulativ. Die Abweichung der Schätzungen bezogen auf die reale Abweichung ergibt relativ (also in Prozent) dargestellt naturgemäß hohe Werte. Sie ist also so „reißerisch“, wie wir es aus einschlägigen Meldungen kennen. Was sehen wir aber tatsächlich aus der obigen Aufstellung? Erstens handelt es sich mit einer Schätzung für einen Zeitraum von nur 10 Tagen um eine vergleichsweise kurzfristige Schätzung. In diesem 10 Tagen kam es zu keinen relevanten Veränderungen der Rahmenbedingungen. Die Experten nehmen durchgehend Steigerungen für alle drei beobachteten Werte an. Zum Teil ist die erwartete Steigerung doch recht hoch. Tatsächlich bleiben jedoch alle realen Werte deutlich hinter den Schätzungen zurück. Besonders stark verschätzen sich die Experten beim Wert für die Menschen auf den Intensivstationen. Das ist deshalb besonders relevant, weil ja alle Maßnahmen dazu dienen sollen, den Kollaps des Gesundheitssystems und insbesondere der Notfallmedizin zu verhindern. Sie können sich sicher an eine ganze Reihe von Meldungen erinnern, die diesen Kollaps unmittelbar vorausgesagt haben. Zum heutigen Tag steht fest: die Apokalypse hat bisher nicht stattgefunden. Auch wenn es zu einer 22% Steigerung der Anzahl der Intensivpatienten kam, gab es das vielzitierte exponentielle Wachstum nicht. Seit Anfang Jänner haben wir tatsächlich keine Steigerung der Intensivpatienten). Während die Anzahl der positiv Getesteten stark gestiegen ist (zum Teil tatsächlich anhand einer Exponentialfunktion), trifft dies weder für die Patienten auf der Normalstation zu, noch auf jene auf der Intensivstation.

Lassen Sie es mich noch einmal ganz deutlich festhalten: Die Experten der Regierung haben sich sogar bei einen Zeitraum von nur 10 Tagen bei den relevanten Werten deutlich verschätzt.

Was kann nun die Ursache für diesen Irrtum sein? Ursprünglich wurden drei Einflussfaktoren angenommen: die Maßnahmen zur Öffnung, die erhöhte Zahl der Tests und die Verbreitung der neuen Mutationen des Virus. Innerhalb der Zeitspanne, welche die Schätzung umfasst, gab der Komplexitätsforscher Peter Klimek ein Interview, indem er erklärt, dass mittlerweile klar ist, dass die erhöhte Testzahl nicht maßgeblich für den Anstieg verantwortlich ist. Es liegen mittlerweile auch mehrere gute Studien vor, die nachweisen, dass die sogenannte britische Virusmutation (B.1.1.7) tatsächlich ein erhöhtes Sterberisiko hat als die bisher vorherrschende Variante. Die aktuellen Zahlen beinhalten allerdings schon diese Gefährdung in hohem Maße, da B.1.1.7. die mittlerweile verbreitetste Variante in Österreich ist. Was stimmt nun tatsächlich? Die Antwort ist so einfach wie ungenau: Natürlich wirken alle drei Faktoren! Es wirken allerdings nicht nur diese. Weitere wesentliche Faktoren sind die - wenn auch extrem schlecht und schleppend durchgeführte - Impfkampagne sowie die mittlerweile große Zahl an Menschen, die bereits Abwehrkräfte entwickelt haben. Diese wirken der Zahl der Hospitalisierten in deutlich wesentlich größerem Maß entgegen, also dem Wert der positiv Getesteten. Weder die Impfung noch die überstandene Erkrankung verhindert einen positiven Test, aber in einem sehr, sehr hohem Maß der Entstehung einer symptomatischen Erkrankung mit schwerem Verlauf.

Die Zahl der positiv Getesteten und damit die 7-Tages Inzidenz sind mit zunehmender Anzahl der Immunisierten KEINE relevante Größen mehr!

Das ist deshalb relevant, weil diese Zahlen nach wie vor die Medienberichterstattung dominieren und ein falsches Bild vermitteln!

Hier also meine persönliche Prognose: Wenn es tatsächlich endlich gelingt, die Risikogruppen zu impfen (und nicht wie bisher vor allem andere, die kein relevantes Risiko haben!), also knapp 3 Millionen Österreicher, die älter als 54 Jahre sind und all jene (wenigen) Jüngeren mit einem relevanten Risiko, haben wir es endlich geschafft. Dann wird es noch immer jede Menge positiver Test geben, aber nur noch sehr wenige schwere Verläufe. Es wird keine Gefahr eines Kollaps des Gesundheitssystems geben und keinen Grund, die Einschränkungen der Grundrechte und des wirtschaftlichen Handelns weiter aufrechtzuhalten.

Leider kann ich nicht sagen, wann dieser Zeitpunkt erreicht sein wird. Denn bei aller Kritik an den Corona-Experten der Regierung: Fakt ist auch, dass die Zahlen der Menschen im Spital gestiegen sind. Nicht so stark wie prognostiziert und keineswegs besonders besorgniserregend, aber doch deutlich. Derzeit (Stand 20.3.2021) haben gerade einmal knapp 1.200.000 Menschen die erste Impfdosis erhalten, das sind 8,75% der Gesamtbevölkerung. Leider wurden diese, wie oben angeführt, zum überwiegenden Großteil NICHT an Menschen mit erhöhtem Risiko abgegeben. Wir sind also von dem hier formulierten Ziel von einer Durchimpfung aller Menschen über 54 (rund 3 Millionen) noch weit entfernt. Glücklicherweise scheint, wenn auch sehr spät, auch bei Spitzenpolitikern und -beamten ein Umdenkprozess begonnen zu haben. Einerseits hat man es nach drei Monaten der Versäumnisse, die unnötig viele Leben gekostet haben, geschafft, endlich die Menschen in Pensionistenheimen effektiv zu schützen, was deutliche Auswirkungen auf die Hospitalisierung und Sterbezahlen hat, andererseits wurden Impfpläne in den letzten Tagen revidiert, um vermehrt Menschen der Risikogruppen zu impfen. Es bewegt sich etwas! Leider spät und langsam, aber sie bewegt sich doch!

Es geht also in die richtige Richtung. Zusätzlich wird es durch höhere Temperaturen, besseres Wetter und grünenden und blühenden Pflanzen auch mehr Gelegenheit geben, draußen zu sein, mehr Bewegung zu machen und abseits von Regulierungen andere Menschen zu treffen.

Doch dann geht es für die Wirtschaft und die freie Gesellschaft erst richtig los. Dann wird sich zeigen, ob die totalitären Tendenzen der Politiker und die willfährigen Medien von der „neuen Realität“ wieder zu der alten, demokratisch orientierten Realität zurückfinden und vielleicht aus den vielfältigen Problemen, die in der Krise offenkundig wurden, etwas gelernt haben. Dann geht es auch darum, den Schaden, der in der Wirtschaft angerichtet wurde, so gut es geht zu minimieren. Ob jene Menschen, die diese Schäden oft grob fahrlässig angerichtet haben, wirklich jene sind, die das bewerkstelligen können, ist fraglich.

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