SPÖ-Desaster oder Sieger sehen anders aus

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Offenbar haben in der SPÖ die Funktionäre Angst vor der Basis. Ich denke zu Recht. Die Mitgliederbefragung ist zu Ende und damit im ersten Schritt die Ära Rendi-Wagner. Das ist gut so. Frau Dr. Wagner ist sicher eine sympathische Person, doch ist auch sie im Bereich der Politik völlig inkompetent. Neben zahlreichen Wahlniederlagen, die in ihre (Mit-)Verantwortung fallen, ist vor allem die völlige Verblendung hinsichtlich der Unterstützung, die sie selbst genießt, ein Zeichen dafür. Schon ein Votum von 75% auf einem Parteitag ohne Gegenkandidaten war ein mehr als deutliches Signal, das nicht verstanden oder ignoriert wurde - in beiden Fällen ein schwerer Fehler. Noch schwerer wiegt es, dass Frau Dr. Rendi-Wagner trotz der zahlreichen Signale einer Parteispaltung Vorschub geleistet hat. Natürlich hatte sie hier maßgebliche Hilfe eines illoyalen Heckenschützen aus dem Burgenland, der sich jetzt, mit einer Zustimmung von 33,6%, als Sieger eines Prozesses sieht, das so nie hätte stattfinden dürfen. Ich meine damit noch nicht einmal die völlige chaotische Durchführung der Mitgliederbefragung. Mit etwas politischem Geschick und einem Mindestmaß an Selbstreflexionsfähigkeit hätte es zu dieser Abstimmung aber nicht kommen dürfen.

Hier muss man eine Lanze für Doskozil brechen. Was tut man als Landesparteiobmann, der zusieht, wie die Bundespartei einen politischen Fehler nach dem anderen macht und Antisympathieträger wie Deutsch jeden Tag weitere Wähler vergrault? Dass man hier nicht tatenlos zusieht, wie beispielsweise der Landeshauptmann von Kärnten, der dafür ungerechterweise massiv abgestraft wird, ist verständlich. Die Art, wie dies passiert ist, ist allerdings letztklassig und den schlechten Ruf hat sich der burgenländische Landeshauptmann wirklich redlich verdient. Ich denke, ich lehne mich nicht weit aus dem Fenster, wenn ich sage, dass Doskozil keine qualifizierte Mehrheit der Parteimitglieder auf seiner Seite hat. Er würde eine Stichwahl mit Babler verlieren, der zwar in der Mitgliederbefragung um 2% weniger Zustimmung erhalten hat, aber weit weniger innerparteiliche Feinde hat. Doskozil weiß das und wird ALLES unternehmen, damit es zu so einer Stichwahl nicht kommt. Schon jetzt verbreiten seine Unterstützer, die aus zahlreichen Funktionären und bei weitem nicht so vielen „einfachen“ Parteimitglieder bestehen, die Mär von der demokratischen Entscheidung. Schauen wir uns diese Argumente genauer an.

Der Tenor der ängstlichen Doskozil-Unterstützer sagt, es gibt ein demokratisches Votum, das bindend ist. Das ist natürlich so schon falsch. Wie der glücklicherweise scheidende Herr Deutsch öfter erklärt hat, handelt es sich ja nur um eine Befragung ohne Konsequenzen. Selbstverständlich hat Deutsch bei diesen Aussagen damit gerechnet, dass seine Kandidatin diese Befragung (knapp) für sich entscheidet, und damit am Parteitag mit ebendieser falschen Argumentation von einer Minderheit gewählt worden wäre. Der Optimismus, mit dem der Rendi-Wagner-Block davon ausging zu gewinnen und damit verbunden ihre Fehleinschätzung und tendenziöse Organisation des Prozesses ist der beste Beweis für ihre Inkompetenz. Es war also nur eine Befragung und keine, wie so oft falsch kolportiert, Urabstimmung. Aber wäre nicht auch ein entsprechendes Ergebnis einer Befragung zumindest moralisch bindend? Dazu muss man fragen, von welcher demokratischen Legitimation wir sprechen. Ein Parteivorsitz ist im Wesentlichen unteilbar und wird sinnvollerweise von einer Person ausgeübt. Dementsprechend handelt es sich um eine Persönlichkeitswahl, im Gegensatz zu der Wahl eines Gremiums, das man dann je nach Ergebnissen der Wahl relativ besetzen kann, wie beispielsweise bei einer Nationalratswahl. Dort wird erst nach der Ermittlung des Kräfteverhältnisses nach Koalitionen gesucht, die entsprechend qualifizierte Mehrheit, außer im Fall einer oft labilen Minderheitsregierung, hat also mindestens eine absolute Mehrheit von mehr als 50%. Bei Personenwahlen, wo eine solche Verteilung nicht möglich ist, sieht der demokratische Prozess, deshalb in fast allen Bereichen vor, dass eine Person ebenfalls mehr als 50% der Stimmen erreichen muss. Sollte das auf Grund mehrerer Kandidat:innen nicht in einem Wahlgang möglich sein, wird das Prozedere so lange fortgesetzt, bis eine absolute Mehrheit zustande kommt. Meist stellen sich jene Personen einer Stichwahl, die im ersten Wahlgang am meisten Stimmen auf sich vereinigen konnten. So wird versucht sicherzustellen, dass die gewählte Person wenigstens von einer absoluten Mehrheit unterstützt wird. Als Beispiel kann die Bundespräsidentenwahl 2016 gelten. Würde man der Argumentation der Doskozil-Unterstützer folgen, wäre der Bundespräsident Norbert Hofer geworden, der aber, wie sich in der Stichwahl zeigte, eben nicht von der Mehrheit der Österreicher in dieses Amt gewählt wurde.

Welche Mehrheit soll die Person, die die Partei vertritt, also bei ihrer Basis haben? Ist 33,6% wirklich genug? Natürlich ist es sehr unzulässig zu sagen, dass ein Votum mit 33,6% Zustimmung bedeutet, wo  man doch 66,4% Ablehnung erhalten hat. Es bedeutet aber keineswegs, dass jene, die Rendi-Wagner als beste Kandidatin gewählt haben, Herrn Doskozil als Zweiten gereihten hätten. Tatsächlich ist das sogar unwahrscheinlich. Eine Stichwahl der Basis ist bei einem solch knappen Ergebnis völlig offen. Ich behaupte, dass aus einer Stichwahl tatsächlich Andreas Babler als Sieger hervorgeht. Wird also Doskozil von der Mehrheit der Funktionäre gewählt, entscheiden die angeblichen Vertreter der Basis mit hoher Wahrscheinlichkeit gegen den Willen der durch sie vertretenen. Natürlich kann ich mich mit meiner Einschätzung irren und Doskozil vertritt wirklich die absolute Mehrheit der Mitglieder, aber sollten wir das nicht überprüfen?

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