Wofür steht die SPÖ?

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Die Sozialdemokratie hält sich üblicherweise für progressiv, also fortschrittlich im Gegensatz zu den Konservativen. Wir stehen am Beginn radikaler Umbrüche bzw. wir sind schon mittendrin. Der Kampf der Ideologien findet noch über Stellvertreterthemen statt.

Wie Stellvertreterthemen ausgefochten werden, sieht man am Beispiel der Klimaproteste. Da fordern „Klimaaktivisten“ Tempolimits und blockieren den Individualverkehr. Die Sorge der Aktivist:innen ist, dass die derzeitige Politik dazu führt, dass ihr Leben in der Zukunft durch das geänderte Klima deutlich unangenehmer sein wird. Doch anstatt das Thema ganzheitlich zu betrachten (Begrünung von Hausfassaden und Dächern, Änderung von Bebauungs- und Flächenwidmungsplänen, um Bodenversiegelung zu verhindern, Erhöhung der Attraktivität des öffentlichen Verkehrs, Renaturierung von Flussufern und noch vieles, vieles mehr) wird als einziger Feind der Individualverkehr ins Visier genommen. Das es sich hierbei um ein rein ideologisches Thema handelt, erkennt man sehr leicht, wenn man die Diskussion etwas differenziert führt und anmerkt, warum wir das Tempolimit auch mit Elektrofahrzeugen verordnen sollen. Dann bezieht man sich darauf, dass man ja die Elektroautos schwer identifizieren kann (hallo, grünes Kennzeichen) oder auf Fragen der Verkehrssicherheit (Zahlreiche unterschiedliche Tempolimits beispielsweise für LKW usw.) und wenn das alles nicht zieht, ist es gar nicht mehr der CO2-Ausstoss, sondern der Lärm der Rollgeräusche. Schnell stellt man fest, dass es nicht um ein Thema, sondern um eine Ideologie geht.

Es geht also darum, wie wir in Zukunft leben wollen oder sollen. Es geht also um Zukunftsszenarien oder -entwürfe. Für welches Zukunftsszenario stimme ich also, wenn ich SPÖ wähle? Wer befasst sich mit diesen „großen Fragen“, aus denen dann politische Pläne, Forderungen und Maßnahmen abgeleitet werden? Wofür stehen wir international, also was vertreten wir in der Außenpolitik? Ist Orban wirklich unser großes Vorbild, wie die ÖVP und die FPÖ immer propagieren? Hier ist die Asylfrage nur ein Symptom des Mangels an ordentlichen Konzepten. Selbstverständlich können wir nicht alle, die es bräuchten, aufnehmen, selbstverständlich wollen wir keine Kriminellen importieren und gleichzeitig wollen wir international solidarisch und menschlich sein und brauchen außerdem Zuwanderer für unsere Demographie. Was bieten wir Menschen an Möglichkeiten der Integration an? Wie beschleunigen wir diese? Wen schieben wir ab und wie lassen wir es möglichst nicht dazu kommen? Die ideologischen Positionen sind zu einfach und oft menschenverachtend. Hier fehlt in der SPÖ jegliche Linie, wie die unterschiedlichen Positionen und Ideologien zeigen. Selbiges gilt für die Position zum russischen Angriffskrieg in der Ukraine, zu dem einige SPÖ-Mandatare Meinungen vertreten, die deutlich besser in der FPÖ angesiedelt wären. Hier, wie in vielen anderen Fällen, zeigt sich eine Ideenlosigkeit und eine Führungsschwäche, unter der die SPÖ massiv leitet. Dafür ist selbstverständlich die oberste Führung verantwortlich und deshalb befürworte ich den Rücktritt von Dr. Rendi-Wagner. Es fehlten jegliche Visionen und auch die Konkretisierung der gemeinsamen sozialdemokratischen Werte blieb aus. Die Frage, wofür die Sozialdemokratie unter PRW steht, konnte niemand beantworten. Das muss sich ändern, wenn man erfolgreich sein will. Führung reduziert Angst. Gute politische Führung reduziert Zukunftsangst, am besten durch Visionen und Zielen, mit denen sich die Menschen identifizieren. Angstpropaganda, wie es die ÖVP und die FPÖ machen, wirkt, schaden dem Land aber und Menschen wollen an etwas Gutes glauben. „Wir schaffen das!“ statt „Wien darf nicht Chicago werden!“. Geregelter Zuzug, humanitäres Flüchtlingswesen, optimierte Integration und Härte gegen Missbrauch schließen einander nicht aus. Auch, wenn man uns das glauben machen will.

Zahlreiche andere Bereiche benötigen völlig neue Konzepte. Wir haben Probleme bei der Finanzierung von Pensionen, der Pflege und eines völlig absurden Sozial- und Gesundheitssystems. Wir müssen dringend und massiv Korruption bekämpfen und die Medien - insbesondere den ORF - von der Politik unabhängig machen. Um die eigene Glaubwürdigkeit wieder herzustellen, müssen wir hier mit gutem Beispiel vorangehen und die eigenen Strukturen ausmisten. Harte und klare Complianceregeln müssen eingeführt und umgesetzt werden. Man kann nicht andere verurteilen und selbst die eigenen schwarzen Schafe decken. Die SPÖ hat es in den Jahren in Opposition durch diverse Regierungsbeteiligungen in den Ländern verabsäumt, sich selbst zu reinigen. Wähler:innen honorieren saubere und ehrliche Politik. Sie folgen klugen und klaren Zukunftskonzepten und sie sind sogar bereit, einige persönliche Einschnitte zu akzeptieren, wenn es Sinn macht.

Was bietet mir die SPÖ also hier an? Welches Zukunftsszenario wird angestrebt? Wer erarbeitet solche Konzepte? Wer wird eingebunden? Wo kann man sich dabei selbst einbringen? Wie gewinnt die SPÖ im ersten Schritt ihre eigene Basis zurück und im nächsten Schritt zusätzliche Wähler:innen dazu?

Ich erwarte vom zukünftigen Parteivorsitzenden Antworten auf diese Fragen.

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